Köln | 29.02.2016
Das dritte Rhein-Meeting zum Thema „Frei sein! Wozu?“ ist am Sonntag im Kölner Maternushaus zu Ende gegangen. An dem dreitägigen Treffen nahmen rund 1.000 Personen teil. Der Vorsitzende des Rhein-Meetings, Gianluca Carlin, wies zu Beginn auf das ambivalente Verständnis von Freiheit in der Gegenwart hin. Dabei erwähnte er einerseits die Aussage des französische Schriftstellers Michel Houellebecq, wonach Mensch „es satt hat, frei zu sein: es ist ihm zu mühselig“. Andererseits machten sich Tausende von Menschen auf, ließen alles zurück, um die Freiheit zu finden, ja sie seien sogar bereit, für die Freiheit ihrer eigenen Glaubensüberzeugung zu sterben.
In einem Grundsatzvortrag erläuterte der Vorsitzende der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, das Verhältnis von Freiheit und Wahrheit. „Die Relativierung der Wahrheit bedeutet die größte Bedrohung der Freiheit“, so Müller. „Die Wahrheit des Menschen vor Gott ist der Grund seiner Freiheit in Gott, das Ziel der Freiheit jedoch ist die Liebe“, sagte der Kardinal. „Die Identität des Menschen vollzieht sich nicht in einem statischen und autarken Selbstbesitz; und sie vollzieht sich auch nicht in einem Kreisen um sich selbst und in sich selbst“. Person-Sein heiße, „Sich-selbst-überschreiten auf andere hin“.
Mit Blick auf das Verhältnis von Religion und Staat verlangte Müller einen umfassenden Respekt der Religionsfreiheit. Die schließe auch das öffentliche Bekenntnis ein. Vom Staat verlangte er, das natürliche Sittengesetz im Sinne eines dem Menschen von Gott eingeschriebenen Humanums zu respektieren.
Der ehemalige Direktor der Feuerwehr Köln, Stephan Neuhoff, betonte in einem persönlichen Zeugnis die Bedeutung des unbedingten Angenommenseins in Christus, als Ermöglichungsgrund der Freiheit. Nur so habe er ohne Selbstüberforderung auch große Verantwortung übernehmen können.
Der US-amerikanische Journalist und Herausgeber der Zeitschrift „First Things“, Professor Russel Ronald Reno, sah die Freiheit des Christen vor allem im mutigen gesellschaftspolitischen Engagement. Die in der Beziehung zu Christus gründende Freiheit erlaube es dem Einzelnen gerade in politisch kontroversen Fragen wie dem Schutz des Lebens am Anfang und am Ende Farbe zu bekennen. Dabei gehe es weniger um das reine Argument, sondern mehr um das Zeugnis.
Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft des Europäischen Parlaments. Der Präsident des Europäischen Parlamentes, Martin Schulz (SPD), hob in seinem Grußwort „die Achtung der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie und der Menschrechte, insbesondere von Minderheiten“ hervor. In diesem Geist unterstütze das EU-Parlament das Rhein-Meeting.
Erzbischof Rainer-Maria Woelki mahnte beim Pontifikalamt am Sonntag in der Kirche Sankt Ursula die Christen, entschiedener für das Recht jedes Einzelnen auf Leben einzutreten. Dass gelte derzeit besonders für Flüchtlinge. Jeder Mensch sei von Gott geliebt und einzigartig, unabhängig von seiner Zugehörigkeit zur Nation oder Kultur. Die Christen könnten nicht hinnehmen, dass weltweit Millionen Menschen unter Krieg und Elend litten. Dabei wiederholte er auch die Worte von Papst Franziskus, dass die entfesselte Wirtschaft töte.
Der Erzbischof unterstrich, dass das Rhein-Meeting als Treffen ein Ort des Austausches und des Dialogs sei. Die Zugehörigkeit zur Kirche erlaube es uns, anderen über die Grenze der Konfessionen und Religionen hinaus zu begegnen. Diesem Anliegen galt auch eine Dialogveranstaltung mit dem Münsteraner Islamwissenschaftler Ahmad Milad Karimi. Er äußerte sich zur Verantwortung der muslimischen Verbände in der Flüchtlingsfrage. Jeder habe ein Anrecht auf einen Ort der Herkunft und damit der geistigen Heimat und Zugehörigkeit. Hier seien für die muslimischen Verbände in Deutschland bei der Aufnahme der Schutzsuchenden gefragt. Zum Abschluss dankte Carlin den zahlreichen freiwilligen Helfern, die das Treffen allererst ermöglicht hätten.
Das kommende Meeting soll sich dem Thema „Ein Mensch zu sein, das interessiert mich“ widmen.
Veranstalter:
Rhein-Meeting e.V.: Der Verein wurde von einer Gruppe junger Berufstätiger gegründet, die zum Teil zur katholischen Bewegung Comunione e Liberazione/Gemeinschaft und Befreiung gehören. Sie haben sich in einem Verein zusammengeschlossen, um das Rhein-Meeting zu tragen. Das Rhein-Meeting orientiert sich an dem Format des „Meeting für die Freundschaft unter den Völkern“ – eine der größten Kulturveranstaltungen Europas, die jährlich in Rimini stattfindet. Die Mitglieder des Rhein-Meeting e.V. verbindet der Wunsch, die Wirklichkeit, in der sie leben, besser kennenzulernen, zu verstehen und mit anderen Menschen zu teilen. Die Veranstaltungen des Rhein-Meeting e.V. sind daher für jeden offen. Der Rhein-Meeting e.V. freut sich über die Mitarbeit und die Kooperation privater Personen und Institutionen, die diese kulturelle Arbeit mittragen wollen. Mehr unter: www.rhein-meeting.org.
Comunione e Liberazione (CL) / Gemeinschaft und Befreiung: ist eine kirchliche Bewegung, deren Hauptanliegen eine christliche Erziehung ihrer Anhänger ist, die zum Mitwirken an der Mission der Kirche in allen Bereichen der heutigen Gesellschaft ermutigt. CL entstand 1954 in Italien, als der italienische Priester Luigi Giussani (1922-2005) am humanistischen Berchet-Gymnasium in Mailand eine Gruppe von Schülern um sich scharte, die die Bedeutung des christlichen Glaubens für ihr Leben tiefer verstehen wollten. CL ist heute in über 80 Ländern weltweit präsent. Mehr unter: de.clonline.org.
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